Mann über Bord!

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Die See schaukelte die Schiffe hin und her. Die Flotte Berks hatte den Ärmelkanal durchquert und befand sich nun den ersten Tag auf dem Atlantischen Ozean. Die Fahr gen Westen konnte niemand so richtig einschätzen. Mann wusste nicht, ob man überhaupt irgend etwas finden würde, ob sie vielleicht einfach nur dort ankommen würde, wo die östlichen Länder China und Japan liegen würde. Hicks wusste es nicht, doch wenn dem so wäre, dann könnte er wenigstens in Ruhe schlafen, da es sonst keine weiteren Feinde zu erwarten wären. Die Reise an sich war nicht so spannend. Der Alltag an Bord war eher langweilig und eintönig. Selbst Dagur fielen bald keine Geschichten mehr ein, doch zum Glück hatte Hicks ja noch einige Ideen, die die Zeit ein wenig verkürzen sollte. Also tat man das, was man auch auf Berk machte, wenn es nichts weiteres zu tun gab: Drachenrennen. Hicks, Astrid und Dagur schauten dabei lieber zu. Auch Ohnezahn ließ es lieber bleiben, denn alle vier wussten, da sie Nachtschatten waren, konnten sie gewinnen, so oft sie nur wollten und sie wollten ja schließlich den anderen nicht die Laune verderben und schauten lieber zu. „Los Gustav, dass schaffst du." Die verbliebenen an Bord jubelten ihren Helden auf den Drachen zu. Heidrun mit ganz vorne. Sie feuerte ihren Gustav immer wieder an, denn es sah gut um ihn aus. Er könnte mit Sikall zusammen das Rennen machen. Doch auch einige Soldaten schienen nicht so schnell auf zu geben zu wollen. Man hatte einfach die Schiffe in eine Formation aufreihen lassen, in der sie auch weiter fuhren, wo die Drachen und ihre Reiter immer Runden flogen. Es war zwar nicht das Stadion in Berk, doch immerhin etwas. Immer schneller flogen sie. Rotzbacke hatte sich im Ausguck einen der besten Plätze gesichert. Mit einem Krug Met schaute er gespannt zu, ob der General der Luftwaffe auch gewinnen würde, schließlich hatte er auf ihn fünf Goldmünzen gesetzt. Ja auch Wetten wurden ab geschlossen, doch das gehörte bei Drachenrennen einfach dazu.
Die letzte Runde war angebrochen. Die Drachenreiter gaben noch einmal alles. Ihre Drachen schnauften schon, doch holten sie noch einmal alles aus sich heraus, was sie konnte. Gustav hatte zwei Soldaten in seinem Rücken, die ihn schon dicht auf den Versen waren. „Los Sikall. Die hängen wir aber noch ab." Mit diesen Worten schoss der Skrill noch einmal nach vorne und konnte wieder Meter zwischen sich und den beiden Verfolgern machen. Alle waren gespannt. Es schien so, als Gustav das Rennen für sich entscheiden würde, doch sollte man sich dabei nicht immer ganz sicher sein, denn schon manchmal hatte sich so etwas erst kurz vor der Ziellinie entschieden. Die Spannung stieg. Der Schietzrichter holte die weiß schwarz karierte Fahne und hielt sie vom zweiten Masten aus auf die gedachte Flugbahn. Immer näher kamen die Drachen mit einem hohen Tempo an gesaust und schienen überhaupt nicht daran zu denken, sich doch noch den Sieg zu holen. Gustav schien immer noch vorne zu sein. Und ja. Er blieb es auch. Der Blutdruck stieg bei allen. Besonders bei Heidrun, denn schließlich würde ihr Mann das Rennen für sich entscheiden. Sie drückte die Daumen immer fester und fester, bis schließlich das Horn ertönte und der Schietzrichter die Fahne wehte. Mit einem großen lauten Jubelschrei fing sie an zu feiern. Ihr Gustav hatte gewonnen. Sie war so stolz.
Die anderen Drachen und ihre Reiter sausten ebenfalls durch das Ziel und landeten auf ihren jeweils zu geteilten Schiffen. Gustav stieg ab und rannte zu seiner Frau. „Das hast du toll gemacht." Sie um schlang ihn mit ihren Armen und küsste ihn. „Ich hatte ja auch jemanden, der mich angefeuert hat." Mit einem verführerischen Lächeln verzaubert er wieder eine Frau, doch die Ruhe währte nicht lange, da Hicks und die anderen zu ihm kamen, um ihn zu gratulieren. „Gustav, das war ein tolles Rennen. Du bist schon fast so schnell wie ein Nachtschatten." - „Ja das glaube ich auch Hicks, doch ist es schade, dass du nicht mit geflogen bist." - „Ach du weist doch, wie das mit uns und der Geschwindigkeit ist." Gustav überlegte kurz und er hatte eine Idee, wie er heute noch ein rennen veranstalten könnte. Er stelle sich auf ein Fass und rief den anderen zu, dass sie zu hören sollten. Hicks war verwundert, was hatte er nur wieder vor. Es musste etwas mit ihm zu tun haben, da er bevor er diese Aktion gestartet hatte ihn so komisch an geschaut hatte. Dann wanderte sein Blick zu Ohnezahn, Dagur und Astrid herüber. „Liebe Mannschaft, treue Soldaten. Ich habe gerade so eben erfahren, dass heute noch ein zweites Rennen statt finden wird, doch nicht irgend eins. Nein. Die vier Nachtschatten an Bord werden sich in einer Stunde gegenseitig in einem Rennen messen und herausfinden, wer der schnellste ist." Hicks blieb die Kinnlade offen. Er konnte nicht fassen, was sein Freund da gerade eben gesagt hatte. Er sollte gegen Astrid, seine Frau und Dagur und Ohnezahn antreten, seinen Freunden? Das war doch nicht sein ernst gewesen. Als Gustav wieder vom Fass stieg, kam Hicks zu ihm heran, aber auch die restlichen Nachtschatten, oder die, die auch menschliche Gestalt annehmen konnte, sammelten sich um den General der berkianischen Luftwaffe. „Gustav, was ist mit dir los?" - „Na ich wollte schon immer mal wissen, wer der schnellere Nachtschatten von euch vieren ist und nun können wir das mal in Anspruch nehmen." - „Aber muss ich denn gegen meine Frau antreten." Da meldete sich Astrid zu Worte: „Denkst du etwa, dass du zu langsam bist, da du der einzige bist, der nicht dieses Rennen will?" Da musste sich der junge König erst einmal sammeln und sprach schließlich ganz entschlossen: „Das werden wie ja noch sehen. Ich mache mit und dann wird das einzige, was ihr sehen werdet, meine Heckflosse sein." - „Das werden wir noch sehen." Jetzt hatte sich auch Dagur eingemischt. Als Mensch schon war er ein ziemlich stark gebauter Mann, doch las Nachtschatten war er der größte unter den vieren. Eine gute Voraussetzung um zu gewinnen.
Die Stunde war vergangen. Alle hatten sich auf der Draco fertig gemacht, um das rennen vielleicht für sich entscheiden zu können. Gustav, als Moderator hatte sich ein Sprechrohr genommen uns ich auf einen der Masten verzogen. Die Stimmung stieg und als die vier Nachtschatten von unter Deck hervor kamen, um unter sich den schnellsten aus zu machen, fing sofort das ganze Schiff an zu jubeln. Einer musste sich dabei nicht erst verwandeln. Ohnezahn hatte seine beste Prothese angelegt, mit er er seine Bestzeiten immer und überall erreicht hatte. Es war sein Glücksbringer. „Die Drachen bitte auf ihre Positionen." Alle vier begaben sich zum Bug des Schiffes und machten sich fertig für den Abflug. Hicks machte sich bereit. Er wollte es den anderen zeigen, was schnell bedeutete, doch die anderen gingen auch nicht gerade mit weniger Ehrgeiz ran. Immerhin wollten sie alle d schneller sein, als ihre Konkurrenten. Ein letzte Mal sprachen sie an der Startlinie. „Ich werde euch fertig machen.", sagte Dagur sehr selbstbewusst. Der bräunlich gefärbte Nachtschatten hatte in der letzten Zeit aber kaum zum Üben Zeit gefunden, da er immer in der Welt unterwegs war, um neue Waren zu erschließen und damit zu handeln. Er versuchte dies jetzt mit großen Sprüchen zu übertönen. Astrid im Gegensatz war in Topform. Sie hatte erst kürzlich bei einem Manöver der Drachen mit der Luftwaffe Berks teil genommen und in Schnelligkeit den ersten Platz belegt. Diesen Triumph wollte sie dabei wiederholen. Etwas half ihr dabei. Schon seit mehreren Wochen aß sie mehr und mehr Hühnchen. Den Trick hatte ihr beste Drachenfreundin Sturmpfeil verraten. Damit wurde der Muskelaufbau erhöht und die Kondition verbessert. Die Nadderdame war nach den Nachtschatten die schnellste Drachin weit und breit. Ohnezahn ging es ebenso wie Dagur, da er immer mit seiner Familie viel zeit verbrachte und sein Sohn noch nicht so schnell fliegen konnte, ging er immer auf Sparflamme und flog etwas langsamer, wenn sie mal wieder einen Ausflug gemacht hatten. So war auch er nicht gerade in seiner Bestform. Der Nachtschatten konnte innerlich froh sein, wenn er wenigstens noch auf das Treppchen kommen würde. Aber mit seiner Glücksbringerprothese würde er es mindestens schaffen. Hicks hatte sie ihm zum dreißigsten Geburtstag geschenkt und seit dem hielt er sie in ehren, da sie etwas ganz besonderes war. Der König der Drachen jedoch wollte unbedingt gewinnen. Er war mit Astrid der einzige gewesen, der voll in Form war. Er musste ja auch immer zwischen Berk und der Dracheninsel pendeln. Manchmal mehrmals am Tag und dann musste es meist schnell gehen. So flog er schon aus Routine etwas schneller als die anderen und konnte locker auf über dreihundert Kilometer in der Stunde beschleunigen in weniger als einer Minute. Er war sich ganz sicher, dass er sich den Sieg hohlen würde. Er hatte nur seine Frau als ernsten Konkurrenten im Auge, doch die würde er schon abhängen. „Und bereit zu verlieren?", kam es noch einmal selbstbewusst von Dagur. „Das werden wir aber noch sehen.", sprach Astrid. Sie hatte erwartet, dass der Häuptling der Berserker so reden würde, doch sie konnte darauf gut kontern. „Wer von uns ist denn der Kaufmann, der auf den Schiffen es gemütlich angehen lässt?" Mit einem fiesen Lächeln blickte sie zu Dagur. Der dunkelbraune Nachtschatten war damit überhaupt nicht einverstanden. „Du, na warte.." Doch da wurde er schon durch ein Kommando von Gustav unterbrochen, denn der sagte schließlich: „Fertig machen." Alle vier gingen in Startposition. „Los!!!" Mit seinem Schrei sprangen die Nachtschatten nach vorne und erhoben sich in die Lüfte. Sofort übernahm Hicks die Führung. Dicht gefolgt von Astrid und Ohnezahn. Dagur Nachhut bildete Dagur mit einem deutlichen Abstand. Es schien doch sich heraus zu stellen, dass wenn man sich nicht oft genug in einen Nachtschatten verwandelt, man schnell aus der Form kommen konnte.
Alle erreichten sie ihre Höchstgeschwindigkeiten und selbst Dagur konnte einige Meter gut machen. Immer näher kam er Ohnezahn und hatte ihn schon fast ein. Astrid hingegen hatte genug zu tun, den Abstand zu Hicks halten, denn der legte ein Tempo an den Tag, dass selbst für Nachtschatten sehr schnell zu sein schien. Selbst Ohnezahn war darüber erstaunt gewesen. Na gut. Hicks war unter den Vieren der zweit kleinste Nachtschatten, doch dafür war er von allen am kompaktesten und wendigsten. Ein großer Vorteil, wenn es ums Fliegen ging. Er preschte immer weiter nach vorne. In der Zwischenzeit auf der Draco kommentierte Gustav alles für das Publikum. Die waren ganz aus dem Häuschen. So ein schnelles Rennen hatten sie noch nie erlebt. Sie wussten gar nicht was sie sagen sollten, doch dafür war schließlich Gustav da, der für alles ein Wort hatte. Ihn wunderte dieses Tempo überhaupt nicht.
Hicks hingegen hatte einen deutlichen Abstand zu dem Rest aufgebaut. Selbst Astrid, die eigentlich durch das Hühnchen technisch gesehen gedopt hatte, wusste schon gar nicht mehr, wie sie noch schneller fliegen konnte. Hicks schien einfach viel zu schnell zu sein, doch da hatte sie die Rechnung ohne Ohnezahn gemacht. Der hatte sich immer weiter an sie heran gekämpft und war jetzt fast mit ihr gleich auf. Und dann waren sie schließlich auf gleicher Höhe gewesen. Astrid hatte Hicks besten Freund wohl unterschätzt. Schnell sagte er: Präge dir mein Gesicht ein." - „Wieso?" - „Weil du mich von nun an nur noch von hinten sehen wirst." Und mit diesen Worten schoss der Nachtschatten an ihr vorbei. Doch Astrid ließ sich das überhaupt nicht gefallen. Wenn schon nicht erster, dann würde die wenigstens sich nicht den zweiten Platz weg nehmen lassen wollen. Sie wollte unbedingt gewinnen. So entstand ein Kampf um den Zweiten Platz. Immer wieder wechselte das Glück. Hicks hingegen hatte sich schon weit nach vorne hin ab gesetzt. Und Dagur war mittlerweile auch dicht an den streitenden Konkurrenten um dein Zweiten Platz vor gedrungen. So wie er sich dachte, wenn zwei sich streiten, freut sich der dritte, könnte er noch eine Chance auf den zweiten Platz bekommen, doch dafür müsste er sich jetzt ins zeug legen und alles aus seinen Flügeln heraus hohlen, was sie her gaben. Er konnte schon ahnen, dass das bei der nächsten Verwandlung einen höllischen Muskelkater geben würde, wenn nicht gar in Menschlicher Form die Rückenmuskulatur schmerzte.
Doch nach der letzten Runde war es entschieden. Hicks ging als Sieger hervor, Ohnezahn und Astrid teilten sich platz zwei und Dagur musste sich als letzter abgeben. Alle jubelten, denn solch ein rennen hatten sie noch nie gesehen, doch schnell wurde die Stimmung unterbrochen, als es vom Ausguck kam: „MANN ÜBER BORD!!!" Schnell rannten sie zur gewiesenen Seite und tatsächlich. Da trieb ein Mann auf einem Stück Holz auf dem Wasser...

Der König der DrachenWhere stories live. Discover now