Paraden und Pomp

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„ACHTUNG! ZUR PARADE MARSCH!" Gustav gab das Kommando und sofort setzten sich zweitausend der viertausend Mann und Frauen starken Luftwaffe Berks in Bewegung. Alle hatten sie schwarze Lederuniformen an, an denen schon einige Orden hingen. Es war jetzt fünf Jahre her gewesen, seit dem Lord Dethalon besiegt worden war. Zu dessen Anlass wurde ja auch die Parade veranstaltet. Aber noch einen Grund gab es: Das zehnjährige Thronjubiläum von Hicks als König der Drachen. Der fünfundzwanzigjährige stand mit seiner Frau Astrid auf einer Tribüne und musste lächelnd und winkend den vorbei ziehenden Truppen grüßen. Eigentlich hatte er darauf bestanden, dass er diese Feier in kleinem Kreise vollbringen wollte, doch sein Vater bestand mal weder auf ein großes fest mit Paraden und viel Pomp. Hicks konnte gar nicht so schnell reagieren, da hatte Haudrauf schon alle Einladungen quer durch Europa verschickt und alles auf das große Fest ein gestellt. Und jetzt hieß es Augen zu und durch. Zu diesem Anlass hatte er auch seine schwarze Lederrüstung an gezogen, doch war diese noch zusätzlich verziert gewesen. Immer wenn die Blöcke aus jeweils zweihundert Männern oder Frauen an ihnen vorbei marschierten, musste er zurück grüßen. Äußerlich strahlte er Freude aus, doch innerlich fand er diese ganze Parade als überflüssig und langweilig. Na gut Berk konnte mal wieder zeigen, oder besser gesagt Fürst Haudrauf von Berk, dass diese Armee die schlagkräftigste und fortschrittlichste in ganz Europa war. Und immerhin. In den letzten Jahren wuchs Berk auf über fünfundzwanzigtausend Bürger an. Überall siedelten Leute und die Häuser wuchsen wie Pilze aus dem Boden. Berk war die wissenschaftliche und kulturelle Hauptstadt des Nordens geworden. Die Universität und Schule für Drachen musste bereits Auswahlverfahren bei den Schülern und Studenten machen, da es mittlerweile die Kapazitäten überstieg. Drachen waren in ganz Europa jetzt die Freunde und Helfer der Menschen überall wurden sie eingesetzt, sowie in der Post, bis hin zum Militär. Ja auch andere Staaten wie zum Knut anglo-skandinavisches Großreich besaßen mittlerweile Luftwaffen mit mehreren hundert Drachen. Auch andere Nationen zogen nach, doch blieb Berk immer noch an der Spitze. Zu groß war die Gefahr, dass es noch immer Feinde wie Dethalon da draußen gab, zumal die Welt im großen und ganzen noch gar nicht richtig erkundet worden war. Das sie rund war, hatte man jetzt heraus gefunden und zwar durch Messungen doch was westlich des Atlantischen Ozeans lag, dass hatte man noch nicht heraus gefunden. So hatte Hicks alles in die Wege geleitet, um neue Schiffe zu bauen. Die größten und modernsten ihrer Zeit. Komplett mit den neu erfundenen Waffen, welche auch hier zur Parade präsentiert wurden. Schon im Krieg gegen Dethalon hatte man erste Kanonen verwendet, doch in den fünf Jahren, in denen Hicks gemeinsam mit den Köpfen der Zeit zusammen arbeitete, hatte man endlich Waffen entwickelt, die sowohl von Fußsoldaten, als auch von Drachenreitern genutzt werden konnten. Feuerwaffen. Und mit diesen war auch die berkianische Armee ausgestattet. Man hatte schon vorher versucht gehabt, dem Reiter eine Armbrust in die Hand zu drücken, doch war sie im Flug sehr unhandlich und das dauernde nachspannen der Sehne nützte auch nicht viel. Und eine kleinere Version der Kanone, Hicks nannte es Muskete war ebenso sperrig, da es ein Vorderlader war. Die Kugel musste samt Pulver erst in den Lauf gestopft werden. Das war sogar noch unhandlicher als die Armbrüste. So tüftelte er zusammen mit Wissenschaftlern und Waffenschmieden nach einer Feuerwaffe, die sowohl leicht zu laden als auch zu händeln war. Und siehe da, der Karabiner war geboren. Dieses eher kurze Gewehr besaß einen aus Gronckeleisen besehenden Lauf, welcher zusätzlich noch innen aus gefräst wurde, sodass es noch präziser war. Fünf so genannte Patronen stecken in einem Röhrenmagazin. Durch einen Verschluss wurde nach dem Schuss die alte Hülse aus dem Gewehr geworfen und gleichzeitig nach geladen. Es war eine sichere Waffe, welche von den Drachenreitern gut an genommen wurde. Bald schon war dieses Gewehr die Standartwaffe der Drachenreiter geworden. Doch hatte man sie noch nie ernsthaft einsetzen müssen. Diese Waffe hatte eine viel größere Reichweite, als jede Armbrust und das Projektil durchschoss alle Rüstungen, die nicht aus Gronckeleisen gefertigt worden waren. Dann gab es noch aber eine kleinere Version mit einem Stangenmagazin. Sie war gerade mal zwanzig Zentimeter lang. Man nannte das Pistole. Sie wurde auch von jedem Drachenreiter getragen. Doch immer noch war das Schwert ein treuer Begleiter. Ganz nach dem Vorbild von Hicks erstem Teleskopschwert wurde jeder Soldat, der in Berks Luftwaffe eintrat, damit aus gerüstet. Somit war Berks Armee die modernste der Welt.
„Hicks hallo. Jetzt kommen die Typoomerangeinheiten!" Haudrauf stand neben seinem Sohn, der immer noch leer auf die Truppen starrte. Er war so in Gedanken jedoch versunken, dass er gar nicht gemerkt hatte, dass schon alle Soldaten an ihm vorbei marschiert worden sind. Doch jetzt kamen noch die ganz großen Drachen. Haudraufs ganzer Stolz. Berks Luftwaffe hatte es mit Hicks Hilfe geschafft, dass vierzig Typhoomerang Drachen hier mit beteiligt waren. Sie wurden immer dann gerufen, wenn es feindliche Schiffe aus der Luft aus zu bekämpfen galt, denn noch immer machten Leute Jagd auf Drachen oder einige, die Dethalon treu blieben hatten sich wieder zusammen getan. Wie auch immer. Diese Giganten des Himmels waren Berks Langstreckenbomber. Sie konnten jeweils mehrere dutzend Fässer an Schwarzpulver tragen und auf die Feinde ab werfen. Dafür wurde eine Art übergroßer Sattel gefertigt. Eigentlich war es ein großes Gestell, das man an den Drachen an brachte. Hier war nicht nur ein Reiter nötig. Die Mannschaft, welche sich um einen Typhoomerang kümmerte bestand aus insgesamt acht Personen. Der Pilot befand sich vorne am Kopf und ritt den Drachen.Drei waren für die Bomben verantwortlich und die restlichen vier übernahmen mit den neuartigen Mehrschussgewehren die Luftabwehr, denn schnell wurde auch mal solch ein großer Drache an gegriffen. So befanden sich zwei auf dem Rücken des Drachen, während die anderen Beiden in Gondeln unten am Bauch hingen. Zu diesen Mehrschussgewehren. Ein Wissenschaftler aus England, welcher auch im Team um den Karabiner damals beteiligt war, hatte es entwickelt sein Name war, glaubte Hicks zu wissen Gatling. Auf jeden Fall konnte seine Entwicklung, ein Gewehr mit zehn kreisförmig angeordneten Läufen und einem Magazin mit mehreren hundert Patronen, zweihundert Schuss pro Minute abfeuern. Das einzige, was man machen musste, ist eine Kurbel bedienen, die den Mechanismus steuerte.
Mit einem Applaus flogen die riesigen Drachen an der Tribüne vorbei. Viele der geladenen Gäste, als auch Schaulustige klatschten. Und das beste kam noch. Der Formationsflug der Nadder. „Hicks da!" Sein Vater wies ihn darauf hin. Präzise wie ein Uhrwerk absolvierten die Drachen ihre Show. Dann endlich war dieser ganze Zirkus vorbei gewesen. Hicks atmete auf, als ihm noch einfiel, dass danach noch ein Festessen in der neuen großen Halle, oder wie man jetzt sagte Stadthalle Berk. Sie war viel größer als die alte und konnte dem entsprechend auch mehr Leute auf nehmen.
Endlich gingen sie von der Tribüne. Es war fürs erste vorbei. Hicks hatte schon einen Krampf in seinem Arm bekommen, so viel musste er winken. Sein Vater Haudrauf, der nun offizielle Fürst von Berk, da das Amt des Häuptlings für eine Stadt dieser Größe nicht mehr entsprechend war, eilte mit seinem Sohn jedoch von König zu König. Alle mussten sie Hände schütteln und einen Smalltalk halten. Wie Hicks das ankotze, aber Formalität, war nun mal Formalität. Nur zu einem König wollte er gern. Knut. Der hatte inzwischen geheiratet. Ein Frau aus dem Volke, Namens Julia. Sie hatte dunkelblonde Harre und ein schmales Gesicht. Erst hielten es die Beamten im Tower von London für einen Scherz, doch schon bald wurde Hochzeit gefeiert. Hicks war Trauzeuge.
„Hicks alter Freund da bist du ja." - „Schön dich auch mal wieder zu sehen Knut und mit Begleitung." Beide lächelten und vielen sich gleich in die Arme. Die beiden Freunde begannen sofort miteinander zu plaudern. „Also Knut, wie macht sich England so?" - „Nun ja es gibt nicht viel neues, nur Fischbein hat endlich eine Filiale seines Restaurants bei uns eröffnet. Es ist jeden Tag aus gebucht und ich selbst als König musste vier Wochen auf einen freien Tisch warten." Hicks konnte sich ein Lächeln nicht unterdrücken. „Nun das passiert nun mal schnell, na gut Fischbein ist auch der beste Koch weit und breit." Hicks wusste genau, wie Knut sich dabei fühlte. Selbst hier auf Berk war das Restaurant von dem dickeren Wikinger immer komplett aus gebucht gewesen. Johann beförderte mit seinem Schiff die Touristen Scharenweise nach Berk, damit sie nur mal in diesem Gasthaus hätten essen können. „Aber sag mal Hicks, was planst du eigentlich wieder. Ich sehe, dass du dort unten neue Schiffe baust und die sind Vergleich zu meiner Flotte riesengroß?" - „Ach das Knut. Ich will eine Expedition gemeinsam mit Drachen und Menschen starten, um zu erkunden, was jenseits des Atlantiks liegt. Vielleicht eine neue Welt, so wie es manche Seefahrer berichtet hatten. Diese Geschichten jedoch wurde aber immer als Seemannsgarn gehalten, doch ich will mich vom Gegenteil überzeugen." - „Na dann wünsche ich dir viel Erfolg. Knut klopfte seinem Freund auf die schulter und beide begaben sich in die neue große Halle. Im Beisein ihrer Frauen.
Die Musik spielte auf. Die Stimmung in der Halle hatte ihren Höhepunkt erreicht. Fass um Fass von Bier und Met lehrte sich. Alle feierten ausgelassen die Sieg über Dethalon und die Drachen auch gleichzeitig das Thronjubiläum ihres Königs. Der jedoch hatte sich ein wenig zurück gezogen, da ihm dieser ganze Trubel doch ein wenig zu viel war. Gustav merkte das. Der General der Luftwaffe und damit Berks zweiter Mann kannte seinen freund gut. Während Knut langsam schon sich dem fünften Krug Bier hinein zog, trank er keinen Tropfen Alkohol. Er wollte es einfach nicht, da er im Rausch schon so viele schlechte Erfahrungen machen musste. Seitdem war er drei Jahre lang schon trocken. In seiner schwarzen ledernen Paradeuniform schlich er sich schließlich aus der Halle. Seine Frau Heidrun lag zu Hause im Bett. Sie hatte sich eine Grippe in gefangen, doch bestand sie darauf, dass ihr Mann zur Feier gehen sollte.
Schnell war Hicks gefunden. Er befand sich unten am alten Hafen. Dieser war schon lange kein Anlaufziel für Schiffe gewesen, da er schlichtweg zu klein war. So hatte Hicks ohne den ganzen betrieb ein wenig Ruhe. „Hey, suchen wir Ruhe und Frieden?" Der König der Drachen wurde aus den Gedanken gerissen: „Ach du bist es Gustav. Na ja ich finde diese Ganze Parade und diese Feier ganz schön stressig. Aber was soll man machen wenn Vater und Mutter so schnell alles organisieren." Hicks seufzte. „Ich versteh dich schon, aber du bist nun mal Hicks. Mensch und Nachtschatten zugleich. Du bist der König der Drachen, ohne dich gäbe es das alles gar nicht." - „Du hast ja recht. Weist du was. Du gehst jetzt mit Sikall nach Hause zu deiner Frau und ich gehe zurück wieder zum Fest. Ich als König der Drachen habe gegen den Roten Tod gekämpft und Dethalon enthauptet. Da wird doch so eine Feier nicht an meinen Kräften zehren!" - „genau so kenne ich dich." Gustav lächelte.
Gemeinsam gingen sie noch bis zum Haus des Generals, bis sich Hicks nach der Verabschiedung wieder zurück in die Große halle ging.

Der König der DrachenDove le storie prendono vita. Scoprilo ora