OS (Marie's Sicht)

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Aus der Sicht von Marie, Elina's beste Freundin.

Köln, 2015. Todestag von Marie.

"Lernen wir noch zusammen?", Elina kam keuchend angerannt und legte ihre Hand auf meine Schulter.

"Nein, mir geht es nicht so gut", mir war übel und ich hatte jederzeit das Bedürfnis mich übergeben zu müssen. "Ich will eigentlich nur noch nachhause"

Was würde ich nur alles dafür geben, dass ich nur einen Magendarminfekt hatte. Stattdessen hatte ich einen Tumor, im Gehirn. Es gab keinen Ausweg mehr für mich. In den nächsten Monaten würde ich daran sterben. Ich hatte Angst. Schreckliche Angst. Nicht weil ich sterben musste. Sondern vor den Schmerzen, die von Tag zu Tag mehr wurden.

Ich konnte förmlich spüren wie sich der Krebs ausbreitete. Vor ein paar Tagen, wusste ich einfach nicht mehr wie ich meine Beine bewegen musste. In wenigen Tagen musste ich wohl ins Krankenhaus und dort abwarten bis mich der Krebs vollkommen aufgefressen hat. Dann hatte ich keine Chance mehr, es sofort zu beenden.

"Vielleicht solltest du zum Arzt gehen? Du bist in letzter Zeit ziemlich oft krank", Elina sah mich besorgt an. Wenn sie wüsste, wie oft ich beim Arzt bin. Ich wollte es ihr sagen, aber ich konnte es nicht. Sie war so glücklich. Nahm ich ihr das Glücklichsein weg, indem ich mich umbrachte? Aber lieber jetzt und schnell. Anstatt Elina ständig mit der Angst leben musste, ob ich die nächste Nacht noch überleben würde.

"Bis morgen", sie nahm mich in den Arm und ich hielt sie länger als gewöhnlich im Arm. Ich wollte irgendetwas sagen, aber ich wusste nicht was.

"Vergiss mich nicht", flüsterte ich. Elina zeigte mir noch einmal ihr strahlendes Lächeln, bevor sie sich umdrehte und ihrem Freund um den Hals fiel.

Das war das letzte Mal, dass ich sie gesehen hatte. Ich schulterte meine Tasche und fuhr mit dem Bus zum Bahnhof. Meine Beine führten mich etwas abseits vom Bahnhof, auf eine alte Brücke, wo kaum jemand entlang ging. Elina und ich saßen dort öfters in den warmen Sommertagen und ließen unsere Beine hinabbaumeln. Bis eines Tages ein Polizist vorbei kam und meinte wir sollten uns an so einer gefährlichen Stelle nicht aufhalten.

Tränen tropften auf die Straße und ich ließ mich auf den Boden fallen. Der Einzige, der davon wusste war Tim. Mein Freund. Ich hatte gehofft er würde es mir ausreden, aber stattdessem ist er einfach abgehauen. Er hat sich nicht mehr gemeldet. Noch mehr Tränen landeten auf meiner Handfläche.

Ich rappelte mich auf und schwang meine Beine über das Geländer. Die Sonne ging langsam unter und die letzten warmen Sommerstrahlen dieses Jahres, ließen die Bäume in schönen Herbstfarben erstrahlen. Zum letzten Mal spürte ich die Sonne auf meinem nackten Armen und eine Gänsehaut überzog mich. Was erwartete mich nach dem Tod? Würde ich im Himmel eine Party mit Gott feiern oder wurde ich wiedergeboren? Oder lag ich einfach im Sarg und um mich herum nichts außer Leere und Dunkelheit.

Die Brücke begann zu beben, von weitem hörte ich den Zug herangefahren. Es ist das einzige Richtige. Lieber so, als in ein paar Monaten.

"Was habe ich in meinem Leben schlimmes getan, dass ich das hier verdient habe?", schrie ich wütend. Hätte ich einmal mehr beten sollen? Hätte ich einmal mehr in die Kirche gehen sollen? Hatte ich mein Leben als zu selbstverständlich gesehen? Ich liebte mein Leben, ich habe mein Leben so gut es ging genossen und gelebt. Dennoch wollte ich noch so viel sehen. Ich wollte unbedingt einmal Amerika gesehen haben. Gemeinsam mit Elina.

Ich sah den Zug anrollen. In hohem Tempo. Mir blieben noch wenige Sekunden. Elina wärde es verstehen. Ich hatte ihr einen Brief geschrieben. Hoffentlich fand jemand meine Tasche und brachte den Brief zu meiner Seelenverwandten.

Wie in Trance ließ ich das Geländer los. Es kam mir wie Jahre vor, bis ich hart auf dem Boden aufprallte. Der Schmerz durchzog meinen Körper. Aber dieser Schmerz dauerte nur wenige Augenblicke, bis mich der Zug völlig in die Dunkelheit trieb.

Wie in einem Film sah ich mein komplettes Leben an mir vorbeiziehen. Meine Geburt, das Lachen meiner Eltern, mein erster Zahn, ich sah Elina in der Krappelgruppe, wie wir uns beide um ein Bauklotz stritten, der Kindergarten, meine Einschulung mit der rießen pinken Schultüte, der Einzug ins Gymnasium, Elinas und meine ersten Clubbesuche, das erste Mal geraucht, Alkohol getrunken, mein erster Freund, mein erster Kuss, mein erstes Mal Sex, meine bestandene Fahrprüfung, Nächte in denen ich mit Elina stundenlang draußen gesessen bin, die Diagnose dass ich Krebs hatte, das nächtliche Weinen meiner Eltern. Glückliche und traurige Momente. 18 Jahre lang!

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Mal wieder ein OS zu Exit. Dieses Mal aus der Sicht von Marie.

Stimmt in den Kommis ab, aus welcher Sicht ihr den nächsten OS haben wollt.

1) Tim (Maries Freund)

2) Ardy

Schreibt auch dazu in welcher Zeit der OS spielen soll. Also z.B nach dem Verschwinden von Elina...

EXIT (Dat Adam)Where stories live. Discover now