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Die nächsten 2 Tage blieb ich einfach im Haus von Taddl, Ardy, Marley, Flo und Luna, ich traute mich keinen Schritt aus dem Haus. Wenn ich schon von weiter weg Polzeisirenen hörte bekam ich Panik und dachte gleich würden sie das Haus stürmen und mich festnehmen.

Nur einmal musste ich in die Innenstadt um mir weitere Schlaftabletten, Beruhigungstabletten und Fiebersenkende Tabletten holen.

Als die Jungs und Luna am dritten Tag noch immer nicht zurück waren, hatte ich mich entschieden nicht länger leben zu wollen. Was hatte es auch groß für einen Sinn? Alle meine Liebsten sind tod und bald würde die Polizei mich finden und dann durfte ich mein Leben lang im Gefängnis bleiben.

Trotzdem entschied ich mich nocheinmal zu mir nachhause zu gehen, dort hatte ich noch ganze Dosen mit Schmerzmittel die ich dann einfach schlucken konnte.

Meine Familie war noch immer im Urlaub und meine Tante bei der ich in dieser Zeit wohnen sollte hatte mich schon mehrmals angerufen, wobei ich ihr versichert hatte ich würde noch ein paar Tage bei meiner Freundin übernachten.

Ich schloss die Haustüre zu unserer Wohnung auf wo ich ganze 17 Jahre meines Lebens gewohnt hatte und eine tolle Kindheit verbracht hatte.

Mit schnellen Schritten ging ich in mein Zimmer, packte die Tabletten in meine Tasche und Maries Kette die auf dem Nachttisch lagen. Gerade wollte ich wieder gehen als mir der Abschiedsbrief von Marie ins Auge stach.

Mit zitternden Händen öffnete ich den Brief ein zweites Mal und obwohl ich den Brief schon öfters durchgelesen habe fielen mir die Tränen wie Sturzbäche herunter.

Der Brief tat bei jedem Satz den Marie geschrieben hatte so weh dass mir schon fast schlecht wurde.

Du bist stark Elina, die stärkste und glücklichste Person die ich jemals kennenlernen durfte.

Es war so komisch wie Marie mich in Erinnerung hatte, so als würde sie von jemand ganz anderen schreiben. Stark und glücklich war ich schon lange nicht mehr gewesen. Nach Maries Tod habe ich mich verändert, dann als die Jungs und Luna mir immer wichtiger geworden sind und ich mit Ardy zusammen gekommen bin ging es mir immer besser, ich ließ zum Größtenteils die Finger von Drogen und ich konnte wieder seit Monaten lachen. Lachen... Wie eigenartig sich dieses Wort anhörte, so fremd. Ein Fremdwort für mich.

du hast so viele Menschen die dich lieben und ich werde immer bei dir sein auch wenn du mich nicht sehen kannst.

Ich hatte viele Menschen die mich liebten. Sobald ich aber schwieriger geworden bin ließen sie mich fallen, schickten mich zu Therapeuten. Und jetzt schon wieder dieser Verlust nachdem ich die Jungs und Luna verloren hatte. Damit konnte ich nicht mehr leben. Womit hatte ich das verdient? Was hatte ich in meinem Leben schlimmes getan dass ich so viele Menschen im letzten Jahr verloren habe.

Ein ziemlich unbedeutender Satz, den ich bis jetzt überlesen habe brachte mich zum Nachdenken:
Mit Tim lief es in den letzten Wochen auch nicht mehr gut.

Wieso lief es zwischen den Beiden in den letzten Monaten nicht mehr gut? Hatte Tim ihr irgendetwas angetan? Hatte er vielleicht etwas mit ihrem Tod zu tun.

Ich starrte auf die Tabletten. Nein, bevor ich mir das Leben nahm, musste ich erst Klarheit bekommen, ich war mir ziemlich sicher dass Tim mehr wusste als ich dachte.

Aber aus Maries Exfreund, würde ich kein einziges Wort herausbekommen. Marie hatte einmal erwähnt dass sie sehr regelmäß Tagebuch schrieb, vielleicht bekam ich dort meine Antworten.

Schnell schnappte ich mir meine Tasche und fuhr mit dem nächsten Bus zu Maries Haus.

Vorsichtig schlich ich durch den Garten, auf Maries Zimmer zu, wo die Vorhänge zugeschoben wurden. Ich kletterte auf den Fenstersims, öffnete das Fenster und befand mich in Maries Zimmer.

Sofort bekam ich Gänsehaut als ich die Bilder von uns sah, die überall in ihrem Zimmer hingen. Das Bett war noch bezogen und sogar ungemacht. Alles sah noch so aus als würde meine beste Freundin hier leben. Ich stellte mir vor wie Marie uns ich zusammen auf dem Bett saßen und über irgendetwas lachten, über eine Serie die im Fernseher lief über irgendwelche Stars die sich schon wieder unters Messer gelegt hatten.

Ich musste nicht lange suchen und fand ihr Tagebuch unter ihren Tshirts im Schrank. Es sah hübsch aus, türkis und vorne war ein Bild von uns Beiden draufgeklebt.

Es war komisch das Tagebuch zu lesen, es war wie als würde ich in Maries Kopf sehen.

Die ersten Seiten des Tagebuches waren sehr ausführlich geschrieben, sie schrieb sehr viel über mich, über ihren Urlaub, über Tim und sie regte sich über die Nachrichten und die Politik auf. "Wenn ich Nachrichten schaue fange ich jedes Mal an zu weinen", hatte sie mir mal gesagt und sie hatte Recht. Dann eines Tages wirden die Einträge immer kürzer und waren nicht mehr so schön geschrieben.

15. Juni 2015
Nachdem es mir die letzten Tage so schlecht ging, hat mich meine Mum zum Arzt geschleppt. Er fand heraus dass ich einen Gehirntumor habe.

20. Juni 2015
War wieder beim Arzt. Sie können mir nicht mehr helfen. Der Tumor hat sich zu sehr ausgebreitet.

23. Juni 2015
Heute habe ich den Arzt gefragt wie lange ich noch leben werde. Er gab mir allerhöchstens noch 6 Monate.

9. Juli
Gerade war Elli bei mir und hat mir die Hausaufgaben vorbeigebracht. Eigentlich wollte ich es ihr sagen aber sie war heute so glücklich.

29. Juli 2015
Heute bin ich in der Schule zusammengebrochen. Mein Gehirn wusste einfach nicht mehr wie ich meine Beine bewegen konnte.

2. September 2015
Habe mich die ganze Nacht übergeben müssen. Meine Eltern streiten sich die ganze Zeit und manchmal höre ich meine Mum nachts weinen.

9. September 2015
Heute habe ich Tim von meiner Krankheit erzählt. Er ist abgehauen, weil er nicht wollte dass ich sehe wie er weint.

10. September 2015
Nein, ich bringe es nicht übers Herz Elli von meiner Krankheit zu erzählen. Ich will sie damit nicht belasten es tut schon weh wenn ich sehe wie traurig meine Eltern und Tim sind.

15. September 2015
Mir geht es von Tag zu Tag schlechter. Ich kann nicht mehr... mir tut alles weh.

16. September 2015
Habe heute mit Tim über meine Selbstmordgedanken geredet. Er meinte wenn ich solche Schmerzen habe und der Meinung bin nur noch der Ausweh zählt dann ist es das Richtige.

18. September 2015
Heute hat Elli ihren 17. Geburtstag. Wir haben ein bisschen gefeiert. Sie sieht so glücklich aus

20. September 2015
Tim hat heute meinen Abschiedsbrief für Elli entdeckt. Er wirkte ziemlich traurig aber ist dann ohne ein Kommentar abgehauen.

22. September 2015
Heute ist es soweit. Keiner weiß von meinem Selbstmord außer Tim. Ich habe ihn vorhin angerufen, er hat einfach nur aufgelegt. Irgendwie wollte ich dass er mir sagt ich solle das nicht tun. Aber ich bin bereit, ich halte es nicht mehr aus jeden Tag die Qualen zu spüren und zu wissen dass der Tumor bald völlig meinen Kopf benebelt. Ich kann mich kaum mehr auf den Beinen halten.

Das war der letzte Eintrag. Tränen tropften auf das Papier und ließen Maries wackelige, kaum sichtbare Schrift verwischen. Tim, Maries Exfreund hatte von ihrem Selbstmord gewusst und er hatte nichts dagegen unternommen.


EXIT (Dat Adam)Where stories live. Discover now