London, 2016
Der Ausblick ist traumhaft. Von hier unten schon, wie wird er erst von der Dachterrasse aus sein? Und der Preis der Wohnung ist erschwinglich für diese gute Gegend. Ich schaue auf die Uhr. Es ist kurz nach sechs Uhr abends, die Sonne geht unter und von Maisie keine Spur. Die Maklerin wartet sicher schon, also gehe ich hoch. Ich nehme das Treppenhaus, denn in meinem Alter muss ich mich ranhalten, fit zu bleiben. Doch im dritten geht mir die Puste aus und ich muss eine Pause machen. Meine Gesäßmuskeln schmerzen wie Hölle! Als ich endlich im Vierten ankomme, höre ich Stimmen aus dem Appartement. Vielleicht ist Maisie schon längst oben? Obwohl wir uns unten treffen wollten. Doch dann höre ich seine Stimme und zucke zusammen. Ich seufze und klingele. Eine junge, durchtrainierte Frau im schicken Zweiteiler öffnet und ich beglückwünsche mich, dass ich das dunkle Kleid angezogen habe, das meine Problemzonen kaschiert. So komme ich mir neben der hübschen Frau nur halb so fett und unförmig vor!
„Kommen sie rein. Ihr Mann ist schon hier." lächelt die Maklerin.
Ich bin gerade versucht, „Ex!" zu sagen, als ich ihn schon sehe. Er hat sich kaum verändert. Nun ja, allzu lange ist unsere Trennung nicht her und ich hätte eigentlich noch mehr Zeit gebraucht, mich seinem intensiven, wütendem Blick zu stellen.
„Was tust du hier?" frage ich vorwurfsvoll, ohne ein Wort der Begrüßung, was früher bei uns beiden Usus gewesen war.
Ein Hallo, Hi, oder Na, Schatz? Und dann ein Kuss. Immer. Manchmal länger, manchmal kürzer, aber nie flüchtig und ohne Liebe. Doch nun gibt es sofort Frontalangriffe, wenn wir uns begegnen!
„Ich zahle schließlich, also ist es mein gutes Recht, hier zu sein." brummt er zurück. „Wo steckt Maisie?"
Ich zucke mit den Schultern.
„Wir waren um zehn vor sechs verabredet. Sie kam nicht, also bin ich hoch." antworte ich lapidar.
„Typisch." murmelt er.
„Typisch Maisie oder typisch ich? Das wolltest du doch sagen, oder? Dass sie das von mir hat?" zische ich und er schüttelt verärgert den Kopf.
„Du weißt genau, dass ich auch immer zu spät komme. Es liegt in der Familie."
„Welche Familie?" blaffe ich nun und gucke in das Exposé.
„Du wolltest die Scheidung, nicht ich." knurrt er.
„Weil du die Blondine gevögelt hast!" knurre ich zurück und die Maklerin zieht scharf die Luft ein.
Mein Ex baut sich auf und brüllt:
„Ja, und genau das ist der Grund, warum ich in die verdammte Scheidung eingewilligt habe! Weil du es mir immer wieder vorgehalten hast, diesen einen, winzigen Fehltritt!"
„Uh." sagt die Maklerin und weicht von ihm zurück.
Ich knalle das Heft auf den Tisch und schreie:
„Was sollte ich dazu denn sagen? Oh, fein, du hast deinen Schwanz in eine andere gesteckt, das verstehe ich schon, weil ich ja'ne frigide, alte Schachtel bin, oder was?"
Die Maklerin guckt irritiert von einem zum Anderen. Sie hatte schon einige streitende Pärchen erlebt, meist ging es um das, was sie ihnen präsentierte. Die Wohnung sei zu klein, zu groß, falsche Lage, und „ Liebling, ich hatte mir doch so einen Wintergarten gewünscht!" Manchmal ging es auch darum, dass etwas vergessen wurde, ein Dokument, ein nicht ausgeschalteter Herd und schon wurde herumgezankt, doch durch ihre Anwesenheit hielt es sich immer in Grenzen. Aber diese beiden Streithähne waren die Krönung! Nicht, weil sie über etwas stritten, was sie selbst nicht mal vor ihren besten Freunden auspacken würde, nein, solche Menschen gab es. Seelische Exhibitionisten! Auch nicht der Fakt, dass sie sie ignorierten, was zwar ungewöhnlich war, aber nicht unmöglich. Nein, es war etwas in dem Streit, was sich absolut von anderen unterschied. Das Gefühl, dass das Paar es wie eine Art Vorspiel nutzte, sich gegenseitig damit stimulierte. Es lag kein kalter Hass in ihren Augen, während sie sich anschrien. Auch kein brennender, zerstörender Hass, ganz im Gegenteil, in ihren Augen lag Liebe. Aber wie konnte das sein? Es war völlig paradox!

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I dreamed of a tall man
FanfictionTom Hiddleston, the Master of all. Auf jeden Fall ist er der Master meines kleinen, schwarzen Katzenherzens! Dieses Buch ist ihm gewidmet, manchmal ist er in einer Rolle, manchmal er selbst, und manchmal ist er etwas anderes, als ein berühmter Schau...