Der Alltag im Camp

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Thalia
,,Aufwachen!" Ich greife unter das Kissen und setze mich auf. ,,Wow, vorsichtig", lacht Bianca. ,,Ich bin nicht gefährlich, also kannst du dein Messer wieder weglegen"
,,Hast du mich erschreckt", sage ich schnaufend und lege das Messer neben mein Kissen.
,, Wo ist denn Luke? Normalerweise weckt er dich immer. Dann muss ich zumindest nicht als Wecker dienen" Ich sehe zu dem leeren Platz neben mir, dann zu dem anderen leeren Bett. Achja, die Gesellschaft meines Bruders war schon angenehm. Auch die von Luke. ,,Er möchte seine Mutter besuchen" ,,Wundert mich, dass sie noch lebt", rutscht es Bianca heraus. Ich werfe ihr einen bösen Blick zu. ,,Es gibt also Frühstück?" ,,Nein, es ist sechs Uhr" ,,Ach ja, das habe ich ja ganz vergessen", stöhne ich. Ich schwinge mich aus dem Bett und gehe zu der Truhe, in der ich meine Sachen aufbewahre. Zusammen mit Luke, Bianca, Clarisse und auch Grover kümmere ich mich um die Neuankömmlinge. Wir lehren sie das Überleben, kümmern uns darum, dass es ihnen gut geht und klären sie über sie Götter und die jetzige Situation auf. Das Kampftraining leiten Annabeth und Percy, wenn sie gerade mal Zeit haben zumindest. Sonst übernehmen Clarisse, Luke und ich das. Mit schnellen Bewegungen ziehe ich mir meine Sachen an und greife dann zur Bürste. ,,Lange Haare können so lästig sein. Ich hätte bei meiner früheren Frisur bleiben sollen" Bianca lacht und nimmt ein Foto von der Wand. ,,Ich finde es gut, dass du wieder lange Haare hast. Man sieht, dass du mit der Vergangenheit abgeschlossen hast" ,,Hast du denn mit deiner Vergangenheit abgeschlossen?" Ich sehe sie fragend an. Sie hat den Blick auf das Foto geheftet, doch ich sehe ihr gequältes Gesicht. ,, Was genau meinst du? Meine Kindheit ohne Mutter? Die Offenbarung, dass wir Halbgötter sind, dass ich Nico verlassen habe? Oder meinen Tod?" Ich gehe zu ihr und ziehe sie an mich. Ich vergesse immer, dass Bianca noch ein Teenager, ein Kind, ist. Ich streiche ihr übers Haar. ,,Glaubst du daran, dass eines Tages alles wieder gut wird?" Ich drücke sie von mir weg und lege meine Hände auf ihre Schultern. ,,Hör mir zu Bianca. Alles wird wieder gut. Sicher, Halbgötter haben nie ein langweiliges Leben, doch wir werden die Gefahren aus dem Weg räumen. Und ich werde nicht nochmal zulassen, dass dir etwas passiert. Ich passe auf dich auf" Sie lächelt traurig. Ich sehe mir das Bild an, dass sie in der Hand hält. Sie und ihre beiden Geschwister, Hazel und Nico. Nico in Bomberjacke und mit seinem Ring, Hazel mit ihren wilden Locken und dem Camp Jupiter T-Shirt und dann Bianca in der Mitte. Das pausbackige Mädchen mit den langen Beinen, ungewöhnlich groß für ihr Alter. Gekleidet in schwarzer Hose und Camp Shirt. Ein Köcher über ihrer Schulter und die grüne Schirmmütze auf ihrem Kopf. Ich habe von jedem meiner Freunde mindestens ein Bild an die Wand geklebt. Wenn es hier schon so viele freie Wände gibt, kann ich die zumindest auch mit schönen Erinnerungen vollhängen. ,,Du solltest deine Mütze mal wieder tragen" Bianca zieht die Mundwinkel nach oben. ,,Bist du fertig?" ,,Nein. Geh schonmal vor. Ich komme gleich nach. Ihr könnt auch ohne mich anfangen"
Bianca geht ohne zu protestieren nach draußen und schließt die Tür. Ich setze mich ans Kopfende vom Bett und nehme Lukes Kissen in die Hand. ,,Ich hoffe, dir geht es gut, Luke"

Luke
Ich laufe die Treppe zur Veranda nach oben. Schweratmend versuche ich, mich zu konzentrieren. Meine Mutter. Ich bin schon länger wieder am Leben, doch ich habe mich nicht getraut, sie zu besuchen. Thalia hat mich dazu bewegt. Zögernd klopfe ich an die Tür. Als mir einfällt, dass meine Mutter mich wahrscheinlich nicht hört, klopfe ich lauter und energischer. Ich höre Schritte auf dem Flur. Ich stelle mich gerade hin, zupfe mein T-Shirt gerade und bereue es, dass ich mein Schwert mitgenommen habe, auffällig hängt es an meiner Seite. Meine Mutter mag zwar blind sein, doch ich bin weiß, dass sie es bemerken wird. Die Tür geht auf, sofort fällt mir auf, dass etwas nicht stimmt. Vor mir steht niemand. Der Flur ist aufgeräumt, es stehen weder Spiegel noch Kerzen herum und die Wände sind neu tapeziert. Ich rieche etwas. Nicht nur den Rosenduft, das Parfum meiner Mutter, dass ich von früher noch kenne, sondern auch etwas anderes. Ich kenne den Geruch aus der Unterwelt. Ich ziehe mein Schwert jetzt doch und wage die ersten drei Schritte ins Haus. Sofort fällt die Tür hinter mir ins Schloss. Ich drehe mich um. Zwei Telchinen stehen vor mir. ,,Und du bist dir sicher, dass das nicht unser Herr ist?", fragt der linke. ,,Er hat Kronos umgebracht. Zusammen mit Percy und Annabeth Jackson. Unser Herr ist tot" Sofort muss der rechte Telchine dran glauben. Er geht zu Boden und gibt einen letzten erstickenden Laut von sich. Ich packe den anderen am Hals, halte ihn aber auf Abstand, damit seins Krallen mich nicht verletzen können. ,,Was macht ihr hier?" Der Telchine hat eindeutig Angst vor mir. ,,Wir haben den Auftrag bekommen, dich und deine Mutter gefangen zu nehmen" ,,Von wem?" ,, Unserem neuen Befehlshaber. Ich kenne seinen Namen nicht" Sofort fällt mir eine Taktik ein. Ich verstärke den Druck meiner Hand. ,,Ich bin euer Herrscher, euer Befehlshaber. Ich, Kronos, werde die Menschheit verändern. Und ihr wagt es, mich zu hintergehen?" Meine Stimme ist laut, ich weiß, wie man die Stimme des Herrschers der Zeit nachmacht. Der Telchine sieht mich mit großen Augen ängstlich an und zittert noch mehr. ,, Ich wusste, dass sie zurückkehren, mein Herr" ,,Ich bin nicht gestorben. Glaubst du wirklich, dass Annabeth und Percy mich töten können?" Er schluckt. ,,Nein, mein Herr. Es tut mir Leid. Ich wurde gezwungen. Natürlich stehe ich auf ihrer Seite, nur auf ihrer. Ich werde ihren Befehlen folgen" ,,Gut. Verrate mir, wo Mrs. Castellan ist" ,,Sie ist im Haus, doch sie hat sich versteckt. Wir können sie nicht finden" Ich lasse ihn los. Ich bin erleichtert, dass sie meine Mutter noch nicht gefunden haben. ,,Kann ich noch etwas für euch tun?" Ich habe plötzlich Mitleid. ,,Ja, geh nachhause" Somit lasse ich ihn stehen und laufe durch den Flur. In der Küche treffe ich auf drei weitere Telchinen, die schon so aussehen, als ob sie mir die Geschichte mit Kronos nicht abkaufen würden. Also müssen sie leider mit meinem Schwert Bekanntschaft machen. Auch hier hat sich alles verändert. Die Bilder meines Vaters über dem Waschbecken sind verschwunden. Auch die ettlingen Brotdosen. Im Erdgeschoss ist meine Mutter nicht, hier gibt es auch keine guten Verstecke. Ich laufe die Treppe nach oben. An der Wand hängt ein gemaltes Bild von Thalia und mir. Ich bleibe verdutzt stehen und betrachte es genauer. Es zeigt uns beide Rücken an Rücken auf dem Boden sitzens. Wir sind im Wohnzimmer des Haupthauses und starren auf das Feuer im Kamin. Ich erkenne die Maltechnik sofort, obwohl ich die Künstlerin nicht ganz so gut kenne. Rachel. Ich kenne ihre Werke aus dem Haupthaus und ihrer Hütte. Sie muss hiergewesen sein.
Ein Rumpeln holt mich in die Realität zurück. Ich sehe eine Furie und ein anderes Wesen, die am Fenster stehen und nach draußen starren. Langsam bewege ich mich in die andere Richtung, nicht, ohne sie aus den Augen zu lassen. Ich höre neben mir ein Klicken. Plötzlich greift eine Hand nach mir und zieht mich durch eine Öffnung in der Wand. Hinter mir, schließt sie sich wieder. Eine Taschenlampe leuchtet mich an. ,,Luke, du bist am Leben" Zwei Arme legen sich um meinen Hals. ,,Mom?" Meine Mutter löst sich von mir und sieht mich fröhlich an. Sie ist wieder die Alte. Die Mutter, von der Hermes mir erzählt hat und von der ich Bilder gesehen habe. Eine klapprige und dürre Frau, durchaus schön. Sie hat rotes Haar und blaue Augen, die sich nun mit Freudentränen gefüllt haben. Ihre Augen sind wieder klar. Ihre Gedanken sind wieder klar. ,,Du bist zu mir gekommen, mein Sohn"
,,Wie ist das möglich?" ,,Sagen wir, ich hatte Heiler"

Percy Jackson| Das prophezeite Kind Where stories live. Discover now