Lyla
Als der Tag nun doch verstrich, war ich noch immer nicht weiter gekommen. Nichts hatte ich erreicht. Matthew schlief seinen Rausch aus und ich kümmerte mich um seine Angelegenheiten. Es konnte doch nicht war sein, dass mein Leben diesen Verlauf nahm.
Es musste anders sein. Uch ich wollte es noch heute Nacht ändern. Ich ordnete ein paar Diener an, den König zu wecken und ihm ein Bad einzulassen. Ich musste mit Matthew sprechen und zwar heute, denn Morgen wird alles anders sein.
Morgen wird Matthew in die Schlacht ziehen. Ich verstehe, warum er sich so seltsam benimmt in letzter Zeit, denn er hat Angst. Er hat Angst vor dem Tod. Angst davor, die Menschen zu verlieren, die er liebt. Und wer hat das nicht?
Ich habe auch Angst, nicht nur um ihn, sondern auch um meine Familie, um meine Freunde und um Jason. Aber die Angst lähmte mich nicht, sie weckte mich auf. Sie sorgte dafür, dass ich täglich trainierte und konzentriert blieb, anders als bei Matthew. Er stürzte Kopf über in den Wahnsinn.
Unruhig lief ich im kleinen Saal hin und her, wartete darauf, dass die Boten mir bescheid über den Zustand meines Mannes gaben. Was sollte ich bloß zu ihm sagen, dass er endlich zurück zu mir kommt?
Was durfte ich sagen? Er war sehr labil, ich wollte ihn nicht unnötig verletzten.
Endlich ertönte ein Klopfen und ein Diener trat in den Raum, teilte mir mit, dass der König beim Ankleiden wäre und ließ mich wieder allein. Dann beschloss ich, mich auf den Weg in unsere Gemächer zu machen.
Als ich jedoch eintrat, traute ich meinen Augen nicht. Matthew lag nackt auf dem Bett, umzingelt von fünf hübschen Frauen, die allesamt viel zu freizügig waren. Es waren Kurtisanen ohne jeden Zweifel. Gott, wo hatte der die denn her.
Jetzt speilte die Welt vollkommen verrückt.
"Matthew Kyle Montrose", donnerte ich durch den Raum. Die Frauen erschraken und sprangen vom Bett. Mit einer einzigen Kopfbewegung sorgte ich dafür, dass sie verschwanden. "Wie kannst du nur!", rief ich entsetzt, während Matthew schmollend aufstand und sich einen Morgenmantel überzog.
"Lord Rayn hat sie mir geschickt, um mich aufzuheitern", grinste er verschmitzt. Er wirkte immer noch nicht wieder nüchtern. "Keine Sorge, ich hab sie nicht angerührt" Dann schlenderte er auf mich zu und gab mir einen Kuss aufs Haar. "Für mich gibt es nur eine Frau. Nämlich dich" Ich schnaufte verächtlich. "Oh ja, das sieht man ja" Wie konnte er nur so blind sein? Was ging in seinem Kopf vor?
Matthew nahm sich einen Kelch und schüttete eine rote Flüssigkeit hinein. Wein. Oh, dieser Mann brachte mich noch um.
"Was ist los mit dir, Lyla?", fragte er nachdem ersten Schluck und klang plötzlich viel klarer, als noch vor wenigen Augenblicken.
"Was mit mir los ist?", lachte ich und begann durch den Raum zu laufen und die Punkte nacheinander aufzuzählen. "Zuerst benimmst du dich merkwürdig, bist ständig betrunken und rührst mich kaum noch an und dann lässt du dir Kurtisanen schicken. Ich sollte eher fragen, was ist los mit dir?" Er schnaufte. "Ich bin der König. Ich darf mir Mädchen nehmen, wann und wo ich will. Das hat meine Frau nicht zu interessieren." Ich zog empört die Brauen hoch. "Ach ja? Und was ist aus deinen ganzen Versprechungen geworden? Dass du mich liebst? Dass ich deine Auserwählte bin? Dass wir glücklich sein werden?", schleuderte ich ihm entgegen.
"Aber wir sind nun nicht mehr glücklich", schrie er zurück und funkelte mich wütend an. "Ja und das ist deine Schuld", sagte ich und schleuderte den erstbesten Gegenstand, den ich zu greifen bekam, in seiner Richtung. Ein Kerzenleuchter. Er wich aus, als er ihn zu treffen drohte.
"Bist du wahnsinnig?" Seine Augen waren erschrocken geweitet. Er schien nicht damit gerechnet zu haben, dass ich Gewalt anwandte. "Meine Schuld? Du bist doch Diejenige, die sich von Allem zurück zieht und mir die ganze Arbeit überlässt. Wo warst du denn, als ich die schwersten Entscheidungen für mein Land treffen musste? Huh, und wo warst du, als ich nicht mehr weiter wusste und den Rat meiner Frau brauchte? Ja, wo?" Bei jeder Frage war er näher zu mir gekommen und stand nun nicht mehr zehn Meter von mir entfernt, sondern nur noch zwei Schritte.
Wir funkelten uns zornig an. "Ich habe das getan, was eine Frau hier so macht: Gelächelt und jedem eine heile Welt vorgegaukelt!" Gut, das entsprach nicht ganz der Wahrheit, da ich meist mit Amalia trainiert hatte. "Und du wunderst dich, dass ich mich so benehme..." Seine Stimme war ruhiger geworden, aber dennoch hörte ich den Vorwurf in seiner Aussage.
"Bin ich dir etwa nicht mehr hübsch und willig genug? Es tut mir leid, eure Hoheit, dass ich nicht mit einem volltrunkenen Möchtegern König das Bett teile, wenn er es nicht einmal mehr schafft, seine Hosen auszuziehen!", schmetterte ich weiter und machte einen weiteren Schritt auf ihn zu. "Wärst du bei mir gewesen, wie es deine Pflicht ist, hättest du mich ja davon abhalten können, so viel zu trinken", konterte er.
Doch ich gab noch lange nicht auf. "Ach, bin ich jetzt etwa dein Anstandswauwau?" "Nein, du bist meine Frau und gehörst an meine Seite." Er durchbrach die letzte Hürde zwischen uns und stand nun direkt vor mir. Unsere Körper berührten sich und ich wurde unter seinem Blick langsam schwach. "Dann solltest du mich auch wie deine Frau behandeln", flüsterte ich nur noch und sah ihn an. Es war mucksmäuschenstill und unsere Wut war verraucht. Es gab nur noch uns beide. Seine Lippen zuckten und es bildete sich ein leichten Lächeln darauf, als er sagte:" Meine Frau..."
Und dann überkam es uns einfach: Matthew verlor keinen weiteren Augenblick, sondern beugte sich vor und presste seine Lippen auf meine. Etwas benommen erwiderte ich seinen Kuss und spürte, wie das Verlangen in mir stieg. Ich legte meine Arme ganz automatisch um seinen Nacken und presste meinen Unterleib gegen seinen. Auch er ließ sich gehen und legte seine Arme fest um meinen Körper, um mich noch enger an ihn zu ziehen. "Es tut mir so leid", flüsterte er zwischen zwei Küssen und löste die Fäden meines Kleides. "Mir auch", keuchte ich und öffnete seinen Morgenmantel.
"Ich hätte das nicht tun dürfen", gab er zu und drängte mich zum Sofa. Ich würd nämlich ganz sicher nicht mit ihm in einem Bett schlafen, wo diese Huren vorhin gelegen hatten. "Ich hätte für dich da sein..." Ich wurde durch mein eigenes Keuchen unterbrochen, als seinen warmen Finger meine feuchte Mitte berührten. "...müssen", beendete ich den Satz und schlüpfte aus dem Kleid. Dann ließen wir uns auf dem Sofa nieder und berührten unsere Körper wie beim ersten Mal.
"Ich hatte Angst, dich zu verlieren", gab ich zu, als er meinen Hals liebkoste. "Ich auch. Ich weiß nicht, warum ich geflüchtet bin. Es war nicht richtig", flüsterte Matthew an meinem Ohr. "Ich bin viel lieber hier." Ich stöhnte vor Lust und gemeinsam liebten wir uns bis in die frühen Morgenstunden...

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Die Auserwählte
Historical Fiction"Es liegt an dir, Lyla" "Aber wie soll ich mich entscheiden?" "Folge einfach deinem Herzen..." Ein Mädchen vom Land. Ein König und ein Herzog. Lyla liebt sie beide, doch sie kann nur einen wählen. Wie wird ihre Entscheidung bloß ausfallen: Ist es...