52. FRAGEN OHNE ANTWORT
Die Welt stand still für Emily.
Ein leiser Knall, ein Verwischen von Farben und Formen und dann nichts mehr.
Harry war verschwunden. Gegangen.
Der Schockzauber verbreitete sich rasend schnell in Emilys Körper und sie fiel. Fiel zu Boden. Fiel in ein Loch.
Der Fall tat nicht weh, ihr Körper war taub. Ihr Herz schmerzte, denn es war lebendig und entzwei gerissen worden.
Und dann war da für einen Moment nur dunkelste Schwärze. Die Auswirkungen des Schockzaubers.
Nur allzu langsam drangen irgendwann wieder Geräusche an ihre Ohren, Schreie und das Knallen von disapparierenden Gästen. Sie konnte nicht lange bewusstlos gewesen sein.
"Emily? Emily!" Sirius Gesicht tauchte vor Emilys Augen auf. Panik stand in den grauen Augen geschrieben und tiefe Sorgenfalten waren scheinbar mit einem Mal auf seiner Stirn aufgetaucht. "Da bist du ja. Merlin, wir haben dich schon überall gesucht. Alles klar bei dir?"
Es dauerte einen Moment bis Emily ihre wirren Gedanken und den Schmerz beiseite geschoben hatte, um Sirius eine Antwort geben zu können. "Harry ist weg."
"Mit Ron und Hermine?", fragte Sirius, während er Emily half sich wieder aufzurichten.
Emily nickte nur. Mit Ron und Hermine. Ohne Emily.
"Gut", murmelte Sirius.
Gut. Das war Sirius einzige Meinung dazu. Wie konnte es gut sein, dass Harry fort war? Und Emily hier? Harry hatte sie zurückgelassen. Aber dann erinnerte sie sich an die grünen Augen, die so gebrochen und müde waren. Wie Harry davon gesprochen hatte, dass er sie beinahe verloren hatte. Wie der Schmerz von damals, von heute sie überwältigt hatte.
"Wir reden später darüber, ja?" Sirius Blick irrte immer wieder durch das Zelt, über das Chaos. "Sie kommen bald, uns bleibt nicht mehr viel Zeit."
Sie. Scharf erinnerte sich Emily an Kingsley Nachricht. In diesen Zeiten blieb nicht viel Zweifel, wer sie waren. Mit fliegenden Fingern öffnete Emily die Schnallen an ihren hohen Sandalen und zog sie von den Füßen, hohe Absätze würden nur hinderlich sein. Außerdem waren sie fürchterlich unbequem. Dann schnappte sie sich ihren Zauberstab, der neben ihr zu Boden gefallen war und sprang auf.
"Sachte, sachte." Sirius packte Emily an den Armen und stabilisierte ihr Schwanken wieder.
Dunkle Punkte tanzten vor ihren Augen. "Danke", murmelte Emily. Nachwirkungen des Schockzaubers. Vielleicht war sie auch mit dem Kopf irgendwo gegen geschlagen, sie wusste es nicht mehr.
Sirius legte einen Arm um Emily und führte sie zur Mitte des Zeltes, dort wo sich noch vor ein paar Minuten eine fröhliche Menge im Takt der Musik gedreht hatte. Nun lagen die Tische und Stühle, zerbrochen und zersplittert, auf dem Boden. Dazwischen glitzerten Glasscherben und leuchtende Blumen. Über ihnen schwebten einsame, goldene Ballons.
"Noch kannst du gehen, Emily", sagte Sirius leise.
Emily schüttelte den Kopf, auch wenn ihr davon beinahe wieder schwindlig wurde. "Ich bleibe", sagte sie mit fester Stimme. Es war schließlich das mindeste was sie tun konnte, wenn die Todesser zum Fuchsbau kamen. Wenn die Todesser wirklich den Fuchsbau angreifen wollten, einen der wichtigsten Orte in ihrem Leben, dann würde sie hier bleiben und den Fuchsbau verteidigen. Außerdem konnten die Weasleys und der Orden jede Hilfe gebrauchen. "Ich bin volljährig, weißt du?"
Sirius schenkte Emily ein Lächeln. "Erst seit einem Tag", erinnerte Sirius sie leichthin, die Fröhlichkeit in seiner Stimme so im Kontrast zu seinem Lächeln, in dem so viel Traurigkeit lag, dass es Emilys Herz zusammenzog. "Dann lass uns zu den Anderen gehen."

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Anathema - III - Harry Potter Fanfiction
Fanfiction| Wir alle tragen eine helle und eine dunkle Seite in uns | Nichts ist mehr so wie es war für Emily. Ein Werwolf, der die Jagd auf sie eröffnet hat. Ein Bruder mit einem tödlichen Geheimnis. Ein Krieg, der gerade erst begonnen hat und doch läng...